Neue Räume erschließen

Mitten in Hannover steht ein Haus der 1000 Leben. So nennt Christian Lohmann zuweilen die Gebäude, die er betreibt. Das klingt etwas versonnen und passt eigentlich weder zu Lohmann, Geschäftsführer der Ahrensburger Secur Selfstorage Gruppe, noch zu den Selbstlagerzentren, die das Unternehmen betreibt. Er sagt es auch nur selten. Aber manchmal, wenn er abends durch eines der Zentren laufe, erzählt Lohmann, dann frage er sich doch, was hinter den vielen Apfelsinenfarbenen Türen so alles liegt, als ausgelagerter Teil eines lebens.

Im Allgmeinen weiß er es natürlich. Da wäre zunächst mal alles, was nicht in die vier häuslichen Wände seiner Kunden passt: Privatleute mit überzähligen Möbeln, Geräten, Sammlungen. Übergangsweise, vielleicht bei einem Wohnungswechsel, oder länger und dauerhaft. „nicht mehr genug Platz im Tipi?“ heißt es auf dem großen Werbeplakat an einem der Secur-Gebäude in der niedersächsischen Landeshauptstadt: Das Unternehmen aus Ahrensburg ist Business-Partner der Eishockeyclubs Hannover Indians und hat das auf den Vereinsnamen abgestimmte Erscheinungsbild übernommen. Aber der Spruch trifft. Zwischen einem und 25 Quadratmeter messen die Räume. Was nicht geht: Gefahrgut, Lebensmittel, Tiere – und Wohnen. Doch Selbsteinlagerung zielt, so Lohmann, auch auf den beruflichen Bereich: Vom Expat, der vorübergehend im Ausland ist, bis zum Außendienstmitarbeiter oder Ebay-Verkäufer, der Räume zur Zwischenlagerung von Waren nutzt. Ärzte, Rechtsanwälte, Steuerberater, die Platz für Akten brauchen. Sogar Messeaussteller, die Standausrüstung in Deutschland lassen, statt sie über weite Strecken zu befördern. Zum Beispiel, so Lohmann, „Matten, ganz normale Fußmatten“ – die das Jahr über in Hannover bleiben bis zur nächsten Messe.

Zur Messe liegt eines der drei Secur-Gebäude in Hannover tatsächlich günstig: Unmittelbar von Messeschnellweg und Hildesheimer Straße, die ebenfalls Richtung Ausstellungsgelände führt, ist der 40 mal 40 mal 22 Meter messende quaderförmige Bau ziemlich auffällig. Rund 10 Mio. Euro investiert das Unternehmen in ein solches Zentrum; es bietet 1000 Räume, die nach und nach vermietet werden. Drei bis vier Jahre dauert dieser Prozess; die ersten beiden Gebäude in Hannover wurden 2009 eröffnet.

Secur-Geschäftsführer Lohmann glaubt fest an die Idee der Selbsteinlagerung. Neben Hannover sind Hamburg und Berlin mit insgesamt fünf weiteren Zentren Standorte des Unternehmen, und – mit gewissem Sonderstatus – Sylt. Man habe sich die niedersächsische Landeshauptstadt sichern wollen, sagt Lohmann; Secur orientiert sich bei der weiteren Expansion in Richtung Süden.

Platz genug scheint in Deutschland zu sein. Die Idee kommt aus den USA: Lohmann nennt eine Zahl von rund 50000 Zentren. Vor rund 30 Jahren sei Selbsteinlagerung in Europa angekommen, mit bis heute rund 1650 Zentren, davon allein die Hälfte aber in Großbritannien. Gegenüber den Vereinigten Staaten gibt es in Deutschland „vergleichsweise nichts“, so der Geschäftsführer. Neben den spezialisierten Anbietern haben aber auch beispielsweise Speditionen oft Selbsteinlagerung im Programm.

Im Ursprungsland des Konzepts steht auch das vielleicht berühmteste Gebäude zur Selbsteinlagerung, wenn auch nur fiktiv: Es spielte eine Rolle im später verfilmten Roman „Das Schweigen der Lämmer“ und verbarg in schwer zugänglichen, düsteren Räumen allerlei Unheimliches. Das hat Secur nicht zu bieten. Gesicherterzutritt mit Code, über Bewegungsmelder gesteuerte Beleuchtung, Klimatisierung. Überhaupt wird Sicherheit groß geschrieben, denn sonst wäre hier auch kein guter Ort für Aktenarchive.

Und doch: Wenn man die einschlägigen Filmszenen im Kopf hat, spielt doch immer auch die Neugier mit, was alles noch hinter den Türen ist. Das geht nicht nur Christian Lohmann so.

1. Juli 2012, Niedersächsische Wirtschaft, Klaus Pohlmann